WENN DAS LAND, DAS MAN KANNTE, PLÖTZLICH NICHT MEHR DASSELBE IST…
Österreich zu Beginn der 30er Jahre. Im beschaulichen Kurort Maria Blut beginnt es zu brodeln. Auf den Straßen, am Marktplatz und in der Kirche wird getuschelt: Hat dieser oder jener nicht eine Halbjüdin als Mutter? In nur wenigen Monaten spitzt sich die Lage zu: Radikalisierte Männergruppen paradieren durch die Straßen und skandieren: »Heil! Heil!«. Wunderheiler und falsche Propheten tauchen auf und verkünden den bevorstehenden Weltuntergang, deklassierte Adelige schimpfen auf die »Saurepublik«, und schließlich steht auch noch die örtliche Konservenfabrik in Flammen. Klammheimlich, wie ein schleichendes Gift, breitet sich die NS-Ideologie in einem österreichischen Provinznest aus – und am Ende ist nichts mehr, wie es war.
Schon im dänischen Exil, wohin sie bereits 1933 zusammen mit ihrer Tochter Judith emigrierte, schrieb Lazar an ihrem großen Zeit- und Widerstandsroman Die Eingeborenen von Maria Blut, den sie bereits 1937 in Auszügen in der bekannten Moskauer Exilzeitschrift Das Wort von Bertold Brecht veröffentlichen konnte. Nach rund 60 Jahren seit seiner letzten Veröffentlichung wurde dieses einzigartige Werk, das vergleichbare Arbeiten der Zeit an satirischer Schärfe bei weitem übertrifft, nun endlich einem aufgeschlossenen Lesepublikum wieder zugänglich gemacht.
Die Eingeborenen von Maria Blut werden derzeit erneut unter der Regie von Lucia Bihler am Akademietheater der BURG inszeniert. Die Inszenierung wurde zu den Besten des Jahres 2023 gekürt und zum prominenten „Berliner Theatertreffen“ eingeladen. Lesen Sie nun das Buch zum Stück! Nun erstmals in erweiterter Ausgabe, ergänzt um den noch nie veröffentlichten politischen Essay Lazars Made in Austria (1945).
„An einem einsamen dänischen Strand schrieb ich meinen Roman ‚Die Eingeborenen von Maria Blut‘, aus Verzweiflung über das Schicksal meiner Heimat, aus Angst, was dieses Schicksal für Europa noch bedeuten könnte. Ich schrieb so einen Roman über das dunkle Lande an der hellen Donau, das der Fremde nur vom Eisenbahnfenster kennt und wo seit jeher ein günstiger Boden war für Wundertäter, Kurpfuscher und Gaukler aller Professionen. Ich schrieb einen Roman über das Land, in dem Braunau liegt.“
– Maria Lazar in ihrem Lebenslauf für die American Guild for German Cultural Freedom
„Die vielen Erzählstimmen des Romans erinnern an die Polyfonie in Heinrich Manns «Die kleine Stadt»; sein scharfer Blick auf den ethischen Zerfall nimmt Ödön von Horváths «Jugend ohne Gott» vorweg.“
– Franz Haas, Neue Zürcher Zeitung
„Es ist eine bitterböse und sehr wahre Melange, die die Wiener Schriftstellerin und Journalistin Maria Lazar (1895–1948) in dem 1935 im dänischen Exil verfassten Roman in der fiktiven österreichischen Kleinstadt Maria Blut anrührt […]“
– Harald Eggebrecht, Süddeutsche Zeitung